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Heimaten für Ledige

Wohnheime für Alleinstehende und Durchreisende

Das Konzept des Ledigenheims kam in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts auf und sollte den vom Land in die Arbeitszentren ziehenden Menschen eine zeitgemäße Wohnform in „familienähnlichen“ Strukturen ermöglichen. Das Ledigenheim war insofern eine Antwort auf die damaligen ökonomischen und gesellschaftlichen Umbrüche, die in den Städten mit einem massiven Anwachsen der Einwohnerzahlen und in der Regel mit Wohnungsnot und schlechten hygienischen Bedingungen einhergingen. Mit der Idee der Ledigenheime versuchte man diesen wachsenden sozialen Missständen, aber auch der schwindenden sozialen Kontrolle, z.B. in den überfüllten Arbeiterstadtteilen entgegenzuwirken. Insbesondere sah man hierin ein Mittel zur Bekämpfung des sogenannten Einlogier- oder Schlafgängerwesens, der Mehrfachbelegung von Zimmern oder gar Betten, das sich in den Städten etablierte und in dem gerade bürgerliche Kreise eine Gefährdung der Familie und Sittlichkeit sahen. Für sie stellte die Idee der Ledigenheime auch deshalb ein attraktives Konzept dar, auf das sie zurückgriffen, als es darum ging, für Angestellte arbeitsplatznahe Unterbringungen zu schaffen. Früh sieht man daher erste Ledigenheime in der Nähe von Hafen- und Industrieanlagen, aber auch im Ruhrgebiet in der Nähe der Zechen.
Gemeinsam waren diesen in der Regel Räume der Zusammenkunft und der Gemeinschaftsbildung kombiniert mit kleinen individuellen Wohneinheiten. Man war bei diesen Versuchen ebenso von Pragmatismus- und Effizienzgedanken geleitet wie vom Anspruch, die Menschen durch diese Wohnform sozial einzubinden und ihren Bedürfnissen entgegenzukommen.
So umfasste das Leben schon in diesen ersten Anlagen neben dem reinen Wohnen meist eine allgemeine Grundversorgung, aber auch weiterführende Service- und Dienstleistungsangebote, wie etwa Wäsche- und Reinigungsdienste. Dazu kam eine oft im Haus ansässige Verwaltung und in der Anlage oder angrenzend wohnendes Personal, das sich um den laufenden Betrieb und die Instandhaltung der Anlage kümmerte und darüber hinaus oft eine wichtige soziale Funktion erfüllte. Desweiteren boten Ledigenheime ihren Bewohnern seit dieser Zeit und ganz im Sinne des aufgeklärten Menschenbildes eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten der Bildung und Freizeitgestaltung wie etwa Lesesäle oder Bibliotheken. In einigen Fällen waren sogar soziale Dienste, wie beispielsweise Seelsorge- und Jobvermittlungshilfen, in das Haus integriert.

„In Hamburg bestand seit 1891 das vom Verein für Volkskaffeehallen erbaute Logierhaus „Concordia“ im westlichen Abschnitt der Reeperbahn. Ein Ledigenheim im modernen Sinne war es noch nicht. Schon seine Lage deutet an, dass es für die Unterbringung an Land befindlicher Seeleute bestimmt war. 1911/12 wurde das „Erste Hamburger Ledigenhaus für Männer“ vom internationalen Guttempler-Orden erbaut. Es umfasst 30 Einzelzimmer, 3 Doppelzimmer, Bäder, Billiard- und Spielzimmer, eine Bibliothek, Lesezimmer, Restaurant und eine Kegelbahn. Die Miete eines Zimmers kostete 15 – 22 Mark im Monat, einschließlich Frühstück. Das erste im strengen Sinne offene Ledigenheim erbaute der hamburgische Bau-Verein im Jahre 1913.“ (aus Clemens Wischermann, „Wohnen in Hamburg vor dem ersten Weltkrieg Band 2).

Das Ledigenheim hat sich im weiteren Verlauf unter Einflüssen des Reformwohnungsbaus, der Gartenstadtbewegung und der allgemeinen Architekturdebatte im 20. Jahrhundert zum Programmbau entwickelt. Zahlreiche Architekten wie Gropius, Scharoun oder Mies van der Rohe beschäftigten sich auf internationalen Ausstellungen damit. Exemplarisch für den Stand der Auseinandersetzung soll hier auf ein von Hans Scharoun 1929 zur Werkbundausstellung in Breslau errichtetes Wohnheim hingewiesen werden, das Singles und kinderlosen Paaren kompakte, gut eingerichtete Wohneinheiten bieten sollte. Sie bestanden aus einem Wohn- und Schlafzimmer, einem Bad und einer einfachen Kochnische. Im Erdgeschoß gab es ein Restaurant, das auch als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens im Haus dienen sollte. Ein Portier bewachte den Eingang und ein Zimmerservice übernahm die Reinigung der Wohneinheiten. Die Anlage bestand aus 1- und 2-Zimmer- Einheiten und umfasste umfangreiche Gartenflächen und zahlreiche Terrassen und Balkone. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie sich die Idee Ledigenheim auf unterschiedliche soziale und gesellschaftliche Bedingungen anpassen lässt, um Menschen ein würdiges und zeitgemäßes Leben zu ermöglichen.

ZImmeransicht Ledigenheim Berlin-Waldenstraße

Außenansicht, Ledigenheim Berlin-Waldenstraße

Ledigenheim Düsseldorf (Zimmeransicht)

Ledigenheim Düsseldorf (Grundriss)

Ledigenheim Düsseldorf

Ledigenheim Merseburg (Grundriss)